Ende 2018 war ich fest von der Kraft des Mondes überzeugt. Ich habe nachts auf dem Balkon gestanden und dem Mond meine Wünsche zugeflüstert und zack – 30 Tage später waren sie auf die eine oder andere Weise erfüllt. Bis dann der Jahreswechsel kam, eine Zeit des Umbruchs in meinem Leben begann und meine Wünsche unerfüllt blieben. Viel mehr passierte das Gegenteil und ich, wütend auf den Mond, zog den Vorhang zu.
Spule ich 10 Monate vor und blicke auf dieses Jahr zurück, weiß ich, dass meine Wünsche gar nicht ignoriert wurden. Sie gingen alle in Erfüllung, nur etwas später und etwas anders. Beruflich, privat – es heißt 2018 ist das Jahr der Veränderung und sowohl in meinem als auch in den Leben meiner Freunde hat sich so einiges geändert. Mir berichten viele von den intensiven ersten drei Monaten, die sich wie schwere Steine an den Beinen angefühlt haben und dem heißen Sommer, der uns alle irgendwie platt und lahm gemacht hat. Jetzt stehen wir vor dem grande finale: ein Vollmond, der meine Emotionen gerade kräftig durchmischt und alte Geister auferstehen lässt.
loslassen und weitergehen
Und so beginnt das Spektakel. Ex-Freunde melden sich, alte Bekannte suchen Kontakt, man macht in einer Job-Verhandlung einen altbekannten Fehler – mein altes Leben hat im September und Oktober nochmal kräftig an der Tür geklopft. Ich gehe mit dem Hund spazieren und einer der Clubs, in dem ich schon so viele Nächte Gin Tonic auf der Tanzfläche verschüttete, schließt. In meiner Stammkneipe hat sich alles verändert und ich sitze in einer verdammt neuen Wohnung.
Auf einmal werden die Knie weich, das Herz schlägt etwas höher und Erinnerungen ziehen wie kleine Filmszenen vor meinem inneren Auge entlang. Ich möchte einen Kurzfilm drehen, über die Nächte und Tage in meinen 20ern. Über wilde Begegnungen, Herzschmerz, Spaghetti mit Ketchup, einsame Pausen und Momente mit Sektglas-Stimmung, weil man 21 ist und nichts zählt mehr als eine gute Zeit zu haben. In meinem Film laufen wir viel zu cool und lauthals lachend die Straße entlang. Ich weiß, dass wir nie so elegant aussahen wie jetzt in meinem Kopf. Vollkommen egal.
Wenn alles schneller geht, als man selbst, braucht es manchmal kurz, bis der Kopf und das Herz hinterherkommen. Dabei bereue ich nicht und ich habe auch keine Angst. Im Gegenteil – ich finde dieses neue Leben jetzt schon großartig! Aber eine kleine Träne schlüpft mir aus dem Auge, weil eben alles dabei war. Ein Blumenstrauß der Emotionen.
Also werde ich mich Mittwoch Nacht wieder ans Fenster stellen und in den Himmel blicken. Mit einer Liste in der Hand: die Dinge, die waren und die ich jetzt verabschiede. Schön war es, aber jetzt mache ich den nächsten Schritt. Und ob ich oder man jetzt an den Mond glaubt oder nicht, so finde ich es gut. Gut für den Kopf, gut für das Selbstliebe-Konto, für die Wiedermal-etwas-für-mich-gemacht-Liste. Reflexion und Zielsetzung. Ist doch vollkommen egal, wie es genannt wird. Aber ich bin jetzt wieder Kumpel mit dem Mond. Und all den Veränderungen, die mich hier an dieses Fenster gebracht haben.
Zum Thema Full Moon und den Ritualen gibt es Beiträge und Podcasts bei Madlén Bohéme, mit der ich schon oft Wünsche zum Mond geflüstert habe.
Der Sound zum Beitrag („where we’re gonna go now that our twenties are over?“) :